Offener Brief an Sigmar Gabriel

Neuötting, den 25. Mai 2016

 

 

 

Sehr geehrter Herr Gabriel,

 

heute hat die von Ihnen geführte SPD einem sogenannten Integrationsgesetz zugestimmt. Dieses Gesetz scheint mir nur darauf ausgerichtet zu sein, der AfD die Wähler abzufischen. Denn es ist sehr weit rechts angesiedelt. Merkel macht es ja immer so. Nach Fukushima hat sie die Grünen-Wähler durch den Atomausstieg abgefischt, die FDP wurde geschluckt, Ihre Partei liegt momentan bei 19 Prozent in den Umfragen, und nun ist eben die AfD dran.

Die Zeitungen in diesen Tagen sind voller Angst vor den sogenannten Rechtspopulisten. In Österreich hätte die FPÖ am letzten Sonntag um ein Haar mehr als 50 Prozent kassiert. Bei uns steht die AfD vor dem mächtigen Einzug in den Bundestag. Die etablierten Parteien rücken enger zusammen. Man nimmt Union, SPD und Grüne mittlerweile nur noch als Einheit wahr.

Ich will Ihnen sagen, wie es kommt, wenn es so weiter geht. Ich bin Soziologe und Schriftsteller, ich traue mir da schon ein festes Urteil zu. Wenn es so weiter geht, werden Sie 2017 kurz vor der Wahl ein bisschen auf Gegnerschaft mit Merkel setzen. Sie werden den Wählern wieder sagen, dass Sie gewinnen wollen und eine Große Koalition nicht angestrebt wird. Sie werden eine Koalition mit der Linkspartei aber ausschließen. Die Union wird eine Koalition mit der AfD ausschließen. Die Wähler wird das aber nicht überzeugen. Sie fahren mit 20 Prozent das schlechteste Bundestagswalergebnis der SPD aller Zeiten ein. Es reicht nicht mal zu einer Großen Koalition, aber die Grünen steuern ihre 7 Prozent zu einer Kenia-Koalition bei. Sie sind wieder Vize unter Merkels Gnaden. So weit, so schlecht. Bei der übernächsten Wahl, die planmäßig 2021 kommen soll, aber auch schon viel früher kommen kann, verschwindet die SPD unter die 10-Prozent-Marke. Und die AfD stellt den Kanzler. Weimar 2. 0.

 

Ich will Ihnen jetzt sagen, wie Sie persönlich dieses schreckliche Szenario verhindern und binnen kurzer Zeit Bundeskanzler werden können. Erstens: Sie kündigen die Koalition mit der Union. Sie begründen das damit, dass Sie glauben, die GROKO schade der SPD (was jeder weiß). Sie schließen eine Koalition mit der Union für die nächsten Wahlen, also für die Neuwahlen in drei Monaten, aus. Sie schließen eine Koalition mit der Linkspartei nicht aus. Dann haben wir einen Lagerwahlkampf. Links gegen rechts. Die AfD wird ohne Frage stark in den Bundestag einziehen, aber sie hat jetzt schon jede Koalition und Regierungsbeteiligung ausgeschlossen, sodass die CDU ohne Partner dastünde. Vielleicht würde die AfD ihr Versprechen aber brechen und mit der Union trotzdem koalieren. Dann wäre die Union wieder rechts und die SPD links, so wie es früher war. Man wüsste, wo der Feind steht. Auch das wäre besser als die jetzige Situation. Es könnte natürlich sein, dass die Bundesgrünen mit der Union koalieren. Nur könnten sie das ihren potentiell linken Wählern schlecht verkaufen. Es stünden dann SPD, Linke und Grüne gegen die Union und die AfD und eventuell die FDP. Die SPD wäre vielleicht stärkste Kraft. Sie wären vielleicht Kanzler.

Natürlich könnte die Sache auch in die Hose gehen, natürlich könnten Sie bei diesem großen Wagnis auch verlieren, aber Sie hätten etwas getan, Sie hätten einen Gesichtsverlust verhindert. Sie würden in der Achtung der Menschen steigen. Sie würden der SPD wieder alten Glanz verleihen. Sie würden die Verhältnisse in Deutschland wieder gerade rücken. Die SPD wäre wieder links, die Union wieder rechts. Und beide wären Gegner. Beide wären wieder die großen Player mit Juniorpartneranhang von den Rändern.

Wenn es so weiter geht, wie bisher, wenn Sie nichts tun, außer den Unionsleuten die Hand zu schütteln und in die Kamera lächeln, wird die SPD mittelfristig von der Bildfläche verschwinden und Deutschland ziemlich schnell wie 1933 wieder in die Hände von extremen Kräften fallen. Wollen Sie das?

Sie dürfen mir gerne öffentlich antworten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Frank Hertel

 

 

In Gefahr und höchster Not, bringt der Mittelweg den Tod.

Friedrich Freiherr von Logau

(1604 – 1655), deutscher Jurist, Satiriker, Epigramm- und Barockdichter, Pseudonym: Solomon von Golaw

 

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